Samstag, 12. September 2015

olmo, ein übliches Problem

Im Cod. Guelf. 50 Weissenburg (860/870, südrheinfrk.; H. Butzmann, PBB 86 [Halle, 1964], 396) ist ein Wort olmo bezeugt, das lat. glis glossiert. Als Bedeutung des Wortes ist somit 'faules Holz, morsches Holz' anzusetzen (es hat Entsprechungen in nhd. Dialekten). Nun gibt es noch einen zweiten Beleg für dieses Wort, und zwar in Gl. 4,202,67 (1. Drittel 11. Jh.s), dort geschrieben als holmo. Üblicherweise wird auch dieser Beleg dem Althochdeutschen zugeschlagen (vgl. u.a. Köbler, Wörterbuch der althochdeutschen Sprache, 845; Starck-Wells, Althochdeutsches Glossenwörterbuch, 451; Schützeichel, Althochdeutscher und Altsächsischer Glossenwortschatz, 7, 198).
Die Handschrift, aus der dieser Beleg stammt ist Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs 61 (früher R. III. 13). Wie aus der Beschreibung in Bergmann-Stricker, Katalog der althochdeutschen und altsächsischen Glossenhandschriften, Nr. 877, hervorgeht, werden die Glossen dieser Handschrift üblicherweise dem Mittelfränkischen ("nach G. Baesecke, S. 257; R. Bergmann, S. 163; R. Bruch, S. 54f.; G. Ehrismann, S. 260; H. Frings, S. 3; Th. Frings, PBB. 63, S. 111; Th. Frings, Germania Romana, S. 14; E. Gutmacher, S. 270 Anm. 2; P. Katara, S. 75; R. Kögel, S. 594; g. Müller, PBB. 79, S. 312; G. Müller, PBB. 82, S. 153; G. Müller – Th. Frings, S. 109; G. Reutercrona, S. 14; R. Schützeichel, S. 25; F. Simmler, S. 38") bzw. dem Mittelfänkischen-Rheinfränkischen ("nach H. Thoma, S. 584") zugeordnet. Aus diesem Grund erscheint der Beleg ohne weiteren Kommentar in Wörterbüchern zum Althochdeutschen.
Deutlich seltener findet sich dagegen die Einordnung der Glossen als Niederdeutsch ("nach J.H. Gallée, Vorstudien, S. XXIII") bzw. als mit einer niederdeutschen Vorlage ("nach W. Foerste, S. 41") oder auch als teilweise niederdeutsch mit zahlreichen mittelfränkischen Formen ("nach G. Cordes, S. 21").
Nun wird dieser Beleg jetzt bei Tiefenbach, Altsächsisches Handwörterbuch, 297 ohne weiteren Kommentar aufgelistet (wobei die abweichende Übersetzung sicherlich lediglich ein Versehen ist):

"OLMO m-n Ulmenholz 0 elm wood
• ns holmo GLTRSEM VIII,53
glis (lignum quod in tenebris uiui carbonis
speciem tenet) GLTRSEM".

Ein Benutzer, der sich dessen nicht bewusst ist bzw. sich die Belegstellen nicht genauer anschaut, könnte somit leicht zu fehlerhaften Schlussfolgerungen kommen. Es wäre wünschenswert, wenn in solchen Fällen, in denen die Handschrift von seiner sprachlichen Einordnung her nicht eindeutig ist, die Einordnungsschwierigkeit bei einem Eintrag (wenn keine lautlichen Entscheidungskriterien vorhanden sind), explizit benannt würde, etwa durch ein (in einem althochdeutschen Wörterbuch) "ahd. (as.?)" oder (in einem altsächsischen Wörterbuch) "as. (ahd.?)". So wäre ein Benutzer direkt gewarnt.

2 Kommentare:

  1. "So wäre ein Benuter direkt gewarnt." (wobei die abweichende Buchstabierung sicherlich lediglich ein Versehen ist) ;-)

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