Ahd. man m. 'Mensch, (Ehe-)Mann, Diener, Bediensteter, Soldat, Krieger, Gefolgsmann, Held, tapfere, mächtige Person' hat in sämtlichen altgermanischen Sprachen eine Entsprechung: as. mann (Kompositionsform man-) m. 'Mensch, Mann, Gefolgsmann, Ehemann', andl. man m. 'Mensch, Person, Mann', afries. mon, man (-nn-) m. 'Mann, Mensch, Ehemann, Dienstmann, Untergebener', ae. mann, man, monn, manna, monna m. 'Mensch, Mann, Held, Diener', run. (nom.sg.) mąR, (nom.pl.) manR (Stein von Eggja, um 700) m. 'Mann, Mensch', aisl. maðr, mann, mannr m. 'dss.', run.-schwed. mantr m. 'dss.', aschwed. maþer, man, mander m. 'dss.', got. manna (Kompositionsform man[a]-) m. 'Mensch', langob. man m. 'Mensch' (in harimannus m. 'Heermann, Krieger', waldeman m. 'Waldaufseher', [BeiN] Castelmanno 'Burgwart, Burgbewohner'), (in PN) Man(n)-, -man(n)-. Älter ist die Erwähnung in Tacitus, Germania 2,2: lat.-germ. Mannus (der Stammvater einiger germanischen Völker) und das Vorkommen als Bestandteil von VN und PN: Mann-, -mann-.
Etymologisch gehören die Wörter zu ai. mánu- m. 'Mensch, Menschheit, Manu, Stammvater der Menschen', ai. mánuṣ- 'Mensch, Stammvater der Menschen',
jav. manuš- (in manuš.čiθra- 'Nachkomme eines Stammvaters *Manuš'), vielleicht, aber unsicher, auch aksl. mǫžь m. 'Mensch', für das es aber auch eine alternative Etymologie gibt (zu alb. mëz 'Fohlen, Füllen').
Die Stammbildung der germanischen und indo-iranischen Formen ist dabei nicht deckungsgleich. Die germanischen Formen setzen (unter einigen Umbildungen) einen uridg. n-St. nom.sg. *mon-ḗn, gen.sg. *mon-n-és, die indo-iranischen Formen einen uridg. u-St. uridg. nom.sg. *món-u-s, gen.sg. *mén-u-s fort.
Für die Etymologie dieser Wörter gibt es in der Literatur drei Vorschläge:
1. Ableitung zu uridg. *men- 'einen Gedanken fassen'; der Mensch wäre dann im Gegensatz zum Tier charakterisiert.
2. Ableitung zu uridg. *men- 'emporragen'; der Mensch wäre dabei nach seinem aufrechten Gang charakterisiert.
3. Die germanischen Wörter sind von den indo-iranischen Formen zu trennen und gehören zu uridg. *dhĝhm-on- 'Irdischer, auf der Erde befindlicher' (das in ahd. gomo m. 'Mensch, Mann' fortgesetzt ist; vgl. noch nhd. -gam in Bräutigam); die germanischen Wörter wären durch Paradigmenspaltung aufgekommen.
Während die dritte Etymologie sowohl aus lautlichen Gründen wie wegen der dabei notwendigen Trennung der germanischen und indo-iranischen Wörter (vornehmlich auch von lat.-germ. Mannus und jav. manuš- [in manuš.čiθra- 'Nachkomme eines Stammvaters *Manuš'], die funktional übereinstimmen) abgelehnt werden muss, scheint eine Entscheidung zwischen der ersten und zweiten Etymologie ohne weitere Evidenz nicht möglich (zu allem bisherigen vgl. die Angaben im Etymologischen Wörterbuch des Althochdeutschen 6, 84-88).
Eine solche neue Evidenz ist nun aber aufgetaucht, und zwar durch die Arbeit im hervorragenden Projekt eDiAna: Digital Philological-Etymological Dictionary of the Minor Ancient Anatolian Corpus Languages. Dort zeigen Elisabeth Rieken, David Sasseville und Andreas Opfermann, dass auch das luwische Wort mannu- 'the fertile, potent, manly condition' zu dieser Wortgruppe mit dazugehört. Dies lässt dann lediglich den Rückschluss zu, dass die gesamte Wortgruppe zu uridg. *men- 'emporragen' gehört (für sämtliche Details zu Etymologie, Wortbildung und Semantik s.d.).
Der alte Streit über Etymologie des Wortes Mann kann somit wohl (?) für beendet erklärt werden.